Sich nach dem Abitur gleich in das Studienchaos stürzen? Das wollte ich definitiv nicht, also habe ich mich schnell dazu entschieden, etwas Zeit im Ausland zu verbringen, bevor ich studiere. So ganz auf eigene Faust ans andere Ende der Welt wollte ich dann aber doch nicht. Nach ein bisschen suchen nach dem richtigen Programm für mich bzw. der richtigen Agentur, bin ich dann auf Work and Traveller gestoßen. Da ich seit über 10 Jahren mit Pferden zu tun habe und das ländliche Leben etwas lieber habe, als das Stadtleben, hat mir das Rancharbeitsprogramm sehr gefallen. Gesagt, getan. Das Programm wurde gebucht und Ende August 2017 sollte es dann nach Down Under gehen.

VOR DER REISE

Mein Visum war schnell und einfach online beantragt (das Guide-Video hat sehr geholfen) und wenige Zeit später erhielt ich die Bestätigung (Visa Grant Letter). Den Flug mit Emirates (Open-Return) habe ich ebenfalls mit Hilfe von Work and Traveller gebucht sowie die Reisekrankenversicherung.

Das Abflugdatum rückte immer näher und die Spannung stieg. Doch erneut wurde mir ein Strich durch die Rechnung gemacht, denn ich hatte mir nach einem Sturz vom Pferd den rechten Oberarm gebrochen und konnte so die Reise nicht zum eigentlichen Startzeitpunkt antreten. Das Verschieben der Termine war jedoch kein Problem und somit wurde mein Abflugdatum der 28. November 2017.

ANKUNFT IN BRISBANE

Nach einer tränenreichen Verabschiedung am Flughafen in Frankfurt und gut 24 Stunden Flug betrat ich nun zum ersten Mal australischen Boden. Am Flughafen angekommen ging es dann von Brisbane nach Noosa. Dort lernte ich am nächsten Tag die anderen Programmteilnehmer aus aller Welt kennen. Wir wurden auf das bevorstehende Farmtraining vorbereitet und hatten einiges an Papierkram zu erledigen. Ich verbrachte in Noosa viel Zeit am Strand, zusammen mit den anderen Teilnehmern erkundeten wir den Noosa National Park und hatten sogar Glück, einen Koala zu entdecken.

FARMTRAINING

Das fünftägige Farmtraining gab einen realitätsnahen Eindruck, was bei der Farmarbeit auf mich zukommen sollte. Neben Aktivitäten wie Reiten, Kühen die Ohrmarken stanzen und Schafe fangen, hatte ich auch mit Gerätschaften wie Motorsägen zu tun. Auch das erste Mal „Fahren auf der falschen Seite“ wurde in Angriff genommen und es war wesentlich einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte. Schon während des Trainings wurden von der Organisation Jobangebote eingeholt, zwischen denen man sich letztendlich entscheiden muss. Mein erster Job sollte dann in der Mitte von New South Wales in einem Schaf-Scherer-Betrieb sein. Der Pferdetraum war also erst einmal beiseitegeschoben, denn ich hatte mir vorgenommen, offen für alles zu sein.

DER ERSTE JOB

Nach dem Farmtraining ging es mit allen anderen Teilnehmern zurück nach Brisbane. Schon nach fünf Tagen hatte ich einige neue und tolle Bekanntschaften geschlossen; umso schwerer fiel es jetzt, sich voneinander zu verabschieden. Danach lernte ich zum ersten Mal meinen neuen Arbeitgeber in der Nähe von Sydney kennen. Er war ausgesprochen nett und herzlich und brachte mich zu einem Campingplatz, auf dem ich mit vier weiteren Backpackerinnen in einem kleinen Bungalow wohnen sollte.

Der erste Arbeitstag war sehr spannend. Morgens um 5.50 Uhr ging es mit dem Auto zu der Schafstation, in der wir für den Rest der Woche arbeiten sollten. Um 7.30 Uhr fingen wir mit der Arbeit an und ich muss ganz ehrlich zugeben: darauf war ich nicht vorbereitet gewesen.

Bei über 36°C in einer Wellblechhütte im Sekundentakt Wolle vom Boden aufheben, auseinanderzupfen und nach guter und schlechter Qualität sortieren – und das bis 17.30 Uhr abends (natürlich mit Pausen). Schon nach dem ersten Tag konnte ich mich kaum bewegen und zum ersten Mal klopfte das Heimweh an meine Tür. Der zweite Tag stand dem ersten Tag in der Anstrengung um nichts nach. Das war der Zeitpunkt, an dem ich entschied, dass ich nicht länger diesen Job machen möchte.

Ich setzte mich mit der Agentur in Verbindung und schilderte meine Lage und dass ich nach Möglichkeit etwas mit Pferden machen wolle, da ich mich dabei wesentlich wohler fühlen würde, denn ich hatte ja schon einige Jahre Erfahrung damit. Ich erhielt die Bestätigung, dass man sich nach etwas Neuem für mich umsehen wolle. Nach dem Gespräch stand mein Entschluss fest, erst einmal wieder nach Sydney zu gehen und dort zu sehen, wie sich alles Weitere entwickelt.

SYDNEY ENTDECKEN

Wieder in Sydney traf ich auf die Work & Travellerin Sara und wir beschlossen, nach Möglichkeit gemeinsam einen Job zu finden. Während wir auf Neuigkeiten der Agentur warteten, genossen wir Sydney in vollen Zügen. Wir besuchten Bondi Beach, das Opernhaus, den WildLife Zoo, probierten unzählige Cafés aus und drückten uns an den vielen Schaufenstern die Nasen platt.

Kurz vor Weihnachten klingelte überraschend mein Handy und ich sprach mit einer Polospielerin aus Victoria, die auf der Suche nach einem Polo Groom war. Nach ein paar Gesprächen stand fest, dass ich diese Chance nutzen möchte und glücklicherweise konnte auch Sara dort mit mir gemeinsam arbeiten. Am 8. Januar 2018 sollte es losgehen.

ALS POLO GROOM IN EYNESBURY

Als ich in Melbourne am Flughafen landete, wurde ich von einer der Polospielerinnen, für die ich zukünftig arbeiten sollte, in Empfang genommen. Zusammen fuhren wir nach Eynesbury, ca. 45 Autominuten von Melbourne entfernt. Mein neues „Zuhause“ entpuppte sich als ein schickes Haus mit einer großen Küche und mehreren Schlafzimmern. Dort sollte ich von nun an mit den anderen Grooms und einem der Spieler zusammenleben. Mein Arbeitsplatz lag fünf Autominuten entfernt etwas abseits der Stadt. Eine weitläufige Anlage mit Stallungen und mehreren Paddocks sowie zwei Polofeldern und einem Trainingsfeld sollte für die nächsten zwei Monate mein neues Arbeitsumfeld sein.

Ich war von nun an alleine für 14 Pferde von drei Spielern verantwortlich, um die ich mich sechs Tage die Woche von morgens bis teilweise sehr spät abends kümmern musste. Das machte für mich dann mindestens drei Sets am Vormittag und nachmittags standen Dinge wie Mähne kürzen u.ä. auf dem Plan. An den Wochenenden fuhren wir zu den Polospielen. Für insgesamt zwei Monate arbeitete ich in Eynesbury, bevor die Polosaison in Victoria zu Ende war.

So schön es klingen mag, es gab auch Situationen, in denen ich am liebsten alles hingeschmissen hätte. 14 Pferde als Einzelperson zu versorgen war doch anstrengender als gedacht. Aber man darf auch die guten Erfahrungen nicht außer Acht lassen. Des Öfteren sind mir immer wieder Kängurus über den Weg gehüpft, als ich meine Sets auf roter Erde geritten bin, morgens standen sie auf den Polofeldern und grasten. Unzählige Kakadus saßen in den Bäumen und auch die dickköpfigen Pferde konnten, wenn sie wollten, sehr niedlich und lieb sein. Dazu kommen die unzähligen witzigen Momente mit den anderen Grooms, die Autofahrten zu den Spielen mit guter Musik und die freien Montage, die ich in Melbourne verbrachte.

DIE LETZTEN WOCHEN IN AUSTRALIEN

So schön und intensiv die Zeit in Australien war, immer öfter zog mich etwas in mir Richtung Heimat. Ich entschloss mich nach langen Überlegungen dazu, den Aufenthalt zu verkürzen und Ende März den Heimflug anzutreten, anstatt wie geplant Ende Juni zurückzufliegen.

Vorher jedoch flog ich zuerst nach Cairns, um von dort aus eine Tour zum Great Barrier Reef zu machen. Die schwüle Luft und die grünen Bäume standen im krassen Gegensatz zu Victoria, wo es eher trocken und heiß war. Nach diesem tollen Erlebnis flog ich zurück nach Sydney. Ich kann nicht sagen, was es ist, aber Sydney hat auf mich eine anziehende und entspannende Wirkung. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt, obwohl große Städte sonst so gar nicht meins sind. Zurück in Sydney begab ich mich zusammen mit Sara auf neue kulinarische Abenteuer und ausgedehnte Shoppingtouren und lange Karaokenächte. Natürlich durfte auch der Strand nicht fehlen, ebenso wenig, wie die Blue Mountains. Viel zu schnell gingen die letzten Tage vorbei und ehe ich mich versah, saß ich in der Maschine nach Dubai.

FAZIT

Die Menschen in Down Under sind allesamt sehr hilfsbereit und nett. Ein freundliches „No worries“ auf den Lippen und schon sieht die Welt viel entspannter aus. Allerdings war diese Einstellung für mich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, denn als es um meinen Polojob ging, musste ich viele Male hinterher telefonieren und hatte am Ende des Gesprächs immer noch nicht die Informationen, die ich wollte. Alles wird eher entspannt angegangen, etwa nach dem Motto „wenn nicht heute, dann eben morgen“. Aber auch daran gewöhnt man sich und ich habe mir diese Einstellung ein bisschen verinnerlicht und sie macht mir auch hier in Deutschland das Leben etwas leichter.

Ich werde definitiv irgendwann noch einmal nach Australien reisen. Es ist ein unbeschreiblich tolles sowie bizarres Land. Ich bin immer noch von der einzigartigen Flora und Fauna begeistert und auch, wenn meine Erfahrungen nicht immer nur positiv waren, erzähle ich alles mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Ich bin wahnsinnig froh, dass ich dieses Abenteuer gewagt habe und kann es wärmsten Herzens und guten Gewissens weiterempfehlen.